Geschichtliches - Oberaurach

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Glasindustrie im Steigerwald

Vorwort

Glas ist neben Bronze der älteste von Menschen künstlich hergestellte Rohstoff. Schon vor 5000 Jahren kannten die Ägypter das Geheimnis der Glasschmelze. Sie benutzten dazu die gleichen Rohstoffe, aus denen heute noch einfaches Glas, z. B. Fenster- oder Flaschenglas, gewonnen wird, nämlich Sand (Quarzsand), Kalk und Natron. Auf altägyptischen Grabmälern sind bereits um 1800 v. Chr. Glasbläser bei der Arbeit dargestellt.

Der Geschichtsforscher Agricola erwähnt um 1530 die Glasindustrie im Spessart, wo sie wohl erstmals im Frankenland betrieben wurde. Von dort kam sie in unseren Steigerwald.

Das graue Gold
Die Steinhauerei im Steigerwald

Bereits im 17. Jahrhundert waren die Steinhauerei und die Steinbrecherei im Steigerwald von großer Bedeutung. Conrad Vetter, ein gebürtiger Tretzendorfer, eröffnete im Jahr 1865 den ersten Steinbruch und das erste Steinwerk in Tretzendorf. Er wurde auch der Begründer der weitbekannten Steinindustrie Vetter. Zunächst gab es nur die Gewinnung und Verarbeitung des weißen Sandsteines. Die Güte des Materials und die Qualität der fertigen Arbeiten brachte ständig wachsende Anerkennung und Abnehmerkreise.

Was sich aber dann im ausgehenden 19. Jahrhundert zwischen Zeil und Eltmann entwickelte und wie ein Magnet in den inneren Steigerwald und die inneren Haßberge wirkte, war ein durch die Hochkonjunktur und die Mode der Gründerzeit bedingter Steinhauer-Boom, der fast nur noch mit Goldgräberverhältnissen in den Staaten verglichen werden kann.

Sandstein war „in“ und alles, was Rang und Namen hatte und etwas auf sich hielt, wollte seinen Prachtbau in Sandstein ausgeführt wissen: der Norddeutsche Lloyd in Bremen ebenso wie die Baumwollbörse in Hamburg, die Freimaurerloge in Fürth, die Synagoge und das Kurhaus Bad Kissingen und die Kirche in Eltmann sind aus Sandsteinen des Steigerwaldes und der Haßberge erbaut. Außerdem wurde die ganze Welt mit Schleifsteinen beliefert.

Zwischen Zeil und Ebelsbach-Eltmann, das sich als Hauptverladestation langsam zum Umschlagszentrum der Steinhauerei hochentwickelte, waren seinerzeit über 1100 Steinhauer beschäftigt.

Die Folge dieses Booms war, dass serienweise Steinbrüche eröffnet wurden, vom tiefsten Steigerwald bis in die innersten Haßberge, von Koppenwind bis Breitbrunn. Für den – für damalige Verhältnisse – hohen Steinhauerlohn auf Akkordbasis von 3,20 Mark bis 3,60 Mark je Tag wurden bis zu vier Stunden Fußmarsch und mehr in Kauf genommen. Die Steinhauer verdienten so gut, dass sie zum Teil nur vier, manchmal auch nur drei Tage in der Woche arbeiteten. Die Damenwelt der Steinbruchbesitzer war für seidene Handschuhe „bis über die Ellbogen“ bekannt, und es ging ein geflügeltes Wort, das da lautete: „Madla, was heierst‘ denn an Schullehrer, Häst‘ halt an Stahauer g’heiert!“

Bei den horrenden Verdiensten wurde auch die manchmal auftretende bittere Not in langen Wintern, in denen nicht gebrochen werden konnte, in Kauf genommen. Der Volksmund hatte auch dafür bald sein weises Sprüchlein bereit: „Tauet Himmel den Gerechten – im Winter geht der Steinmetz fechten.“

In Kauf genommen wurde ebenfalls der frühe Steinhauertod, der die Männer selten älter als 45 Jahre werden ließ. Staublunge oder Silikose war in der Regel die Todesursache, verstärkt durch den unseligen Steinhauerbrauch (jedem Sta a Moß), den Staub durch vieles Trinken hinunterzuspülen.

Der Aufschwung des Steinhauergewerbes wirkte sich auch auf das der Fuhrleute aus, die mit speziell hergestellten, eisenbereiften Schwerlastfuhrwerken bis zu zehnspännig die großen Blöcke aus Trossenfurt, Tretzendorf, Kirchaich und Schleichach zur Verladestation Ebelsbach herbeifuhren.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges ließ die Steinhauerhochkonjunktur jäh zusammenbrechen, das graue Gold der Gründerjahre verlor seinen Glanz.
(nach Heinrich Höllerl)
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